Vor ein paar Tagen habe ich etwas Nachdenkenswertes gehört. Es ging um unsere Zeitqualität und darum, dass wir uns gerade in einem, so wie Caroline Myss es ausdrückte, never-never-never land, also in einem niemals-niemals-niemals Land befinden. Niemals zuvor sind so viele Dinge zusammengekommen, die wir NIEMALS für möglich gehalten hätten. Alte Strukturen und vermeintliche Sicherheiten brechen zusammen wie schlecht konstruierte Kartenhäuser. So vieles, das wir für absolut unumstößlich gehalten haben, löst sich auf im Nichts.
Gleichzeitig gibt es da aber auch noch ein anderes Niemals. Niemals zuvor haben sich so viele Menschen in Bewegung gesetzt, um etwas Positives zu bewirken. Um Wandel herbeizuführen. Für die Umwelt, für die Tiere, für mehr Menschlichkeit. Die Ausmaße dieses Wandels sind gigantisch! Denn niemals zuvor gab es die Möglichkeit, sich über alle Kontinente hinweg mit Gleichgesinnten zu vernetzen und auszutauschen, um sich gegenseitig zu ermutigen, voneinander zu lernen und den Rücken zu stärken. Unzählige Menschen über den ganzen Erdball verstreut, experimentieren, bringen Neues in die Welt, gestehen sich Fehler ein und zu, gehen unbeirrbar den Weg, der gegangen werden muss, wenn wir unserem Menschschein gerecht werden wollen.
Unzählige arbeiten mit großer Begeisterung an Lösungen und Alternativen, setzen Millionen von Bäumen, lassen essbare Gärten entstehen, erschaffen Wohlfühlräume, erobern Raum für Menschen und Tiere zurück, beschäftigen sich mit Kreislaufwirtschaft und sie wissen, dass es nichts gibt, worauf man warten sollte, sie tun einfach. Das inspiriert und lässt Funken sprühen, die wiederum das lange Zeit vernachlässigte Feuer in anderen Menschen zum Erglühen bringt. Gluthitze entsteht. Der beste Nährboden für erwachendes Potenzial.
Das führt mich zu einem dritten Niemals. Caroline Myss meinte nämlich, wenn wir schon in einer niemals-niemals-niemals Zeit leben, warum diese Situation nicht nützen und das eigene Niemals befreien? Wenn rundherum Dinge passieren, die in meiner Vorstellung niemals passieren hätten dürfen, die ich niemals für möglich gehalten hätte, vielleicht gibt es dann auch etwas in mir, eine Haltung vielleicht, die es wert wäre, hinterfragt zu werden? Gibt es etwas in mir, von dem ich sagen würde, das würde ich NIEMALS tun? Was ist es, von dem wir sagen würden, das mache ich vielleicht in meinem nächsten Leben oder dann, wenn ich mutiger bin oder mehr Zeit habe, dann, wenn ich keine Angst mehr habe zu scheitern.
In meinem Leben gab es viele NIEMALS. Sie waren so weit von meiner Lebensrealität entfernt, dass mir nicht einmal bewusst war, dass es sie gibt. Sie sind einfach nicht in Frage gekommen, haben nicht zu mir gepasst. Vor die Kamera treten. Nicht einmal daran denken! Mitten auf der Mariahilferstraße bei einer Straßenperformance mitmachen. Sicher nicht! Schon der Gedanke daran hätte gereicht, um mich im Erdboden versinken zu lassen.
Doch dann klopfte das Leben an, um höflich nachzufragen, wann ich denn gedenken würde, dieses Niemals zu hinterfragen. Es hätte nämlich nicht ewig Zeit. Das gab mir zu denken und ich beschloss, zu springen. Und siehe da, der Erdboden zeigte sich vollkommen unbeeindruckt und war keineswegs gewillt, mich in sich aufzunehmen. Es fühlte sich eher an wie getragen werden. Und irgendwie fühlte ich mich größer. Aufgerichteter. Bereiter, mich für das nächste NIEMALS zu öffnen.
Was wäre also, wenn wir alle beginnen würden, unser ganz persönliches Niemals zu ergründen? Was, wenn es ausgerechnet dieses Niemals wäre, das einen Raum ungeahnter Möglichkeiten freilegt? Was, wenn wir zum Beispiel damit beginnen würden, unser wahres Ich zu zeigen, unsere Verletzlichkeit, unsere innere Schönheit, unsere Zartheit, unsere Kreativität? Was, wenn wir damit anfangen würden, Menschen, die uns wichtig sind, zu sagen, dass er oder sie uns berührt und unser Leben bereichert? Niemals?
Was, wenn wir eine Erfindung, die wir für zu unbedeutend hielten, endlich aus der Schublade holen und unsere Gabe mit der Welt teilen? Uns öffnen für die Ideen anderer, unser Wissen vermischen und vermengen, um so gemeinsam das Bestmögliche zu erreichen? Was, wenn du selbst der Funke wärst, der dein eigenes und das Potenzial anderer, durch dein Wirken zum Erblühen bringt? Niemals gelingt mir das! Oder doch?
Und übrigens. Die Erde ist rund. NIEMALS!! Dann hätten wir das auch geklärt.
Text: Silvia Mathilde Franz